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interform

2005-09-24 _ 20:24
aus der serie note

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ausstellungseröffnung fotogalerie harald raab, regensburg
interform | vom architekturbild zur bildarchitektur
samstag, 24. september 2005

meine sehr verehrten damen und herren,
ein galerienabend ist auch so etwas wie die präsentation einer kollektion dessen, was saison hat. kunst und mode sind ja zwei bereiche, die sich überlagern und ergänzen und gegenseitig befruchten.
es gibt viel zu sehen heute abend. nutzen sie die gelegenheit. die vielfalt des unterschiedlichen ist längst markenzeichen der kunst. „die kunst ist wie ein schwamm, sie saugt alles auf, alle formen, alle techniken und alle lebens- und arbeitsbereiche“, so chris dercon, der chef des hauses der kunst in einem gespräch, das ich vor kurzem zur realisation eines buchprojekts mit ihm hatte. das problem dabei sei freilich, sie gebe im verhältnis dazu der gesellschaft viel zu wenig zurück.

trotz der großen unübersichtlichkeit auch und gerade im bereich der bildgebenden technik, speziell video, aber auch fotografie, ist ein trend, ein mainstream, unverkennbar: es geht wieder hin zum gegenständlichen, zum erzählen von bildgeschichten. die menschen sind wieder süchtig nach geschichten und wollen sich ausruhen vom bloß geistig-sinnlichem in der kunst, platt gesagt von dem, was man fälschlich als abstrakt bezeichnet, also die beschäftigung mit der bloßen form, der bloßen farbe.

solche wellenbewegungen sind auch in der zeitgenössischen kunst nicht neu. den gleichen pendelschlag gab es in den 60er jahren des vergangenen jahrhunderts. die wirklichkeit – und das ist ja sinn der ganzen künstlerischen bemühungen aller epochen – muss immer wieder aus neuen perspektiven und mit neuen thematischen und stilistischen ansätzen ausgelotet werden. kunst ist ein fließender prozess.

in dieser situation zeigen wir – etwas antizyklisch zum herrschenden trend – einen grenzgänger von der darstellung des realen, vornehmlich architekturbilder hin zur bildarchitektur – von der außen- zur innenwelt der bilder also.
falk von traubenberg ist gelernter architekt – übrigens wie der große klassiker der fotografie man ray auch. zwischen den arbeitsansätzen der beiden möchte ich später noch einen vielleicht gewagten, aber wie ich meine durchaus interessanten vergleich ziehen. falk von traubenberg ist in regensburg aufgewachsen, hier zur schule gegangen und hat 1992 am hiesigen siemens-gymnasium abitur gemacht. er arbeitet als architekturfotograf in hamburg und beschäftigt sich künstlerisch mit analoger fotografie, die er digital bearbeitet. er ist auch im videobereich tätig und nimmt musik als gestaltungselement in seine kreationen auf. er ist mit einer videoarbeit in den exklusiven kreis der kleinen gruppe aufgenommen worden, aus der der gewinner des diesjährigen internationalen medienpreises des südwestdeutschen rundfunks und des zkm ausgewählt wird.

digital erstellte bilder, das wunder aus der trickkiste der computerbearbeitung, werden millionenfach versucht. es scheint ja alles so einfach. mehr als im besten fall seelenloses design kommt dabei nicht heraus, im regelfall nur fürchterlicher kitsch. jeder ist halt doch nicht ein künstler. es bedarf schon der gestalterischen kreativität, um solche ergebnisse zustande zu bringen, einerseits klare und gleichzeitig auch wieder rätselhafte bildkompositionen. sie erzählen viel, schicken die phantasie aber gleichzeitig mit ihrem sicheren form- und farbrhythmus auf eine reise der emotionalen sinnlichkeit. falk von traubenbergs suche nach einer erweiterung der bildästhetik wird fündig. auch und gerade weil er dem betrachter mehr fragen stellt als antworten gibt.

technisch ist der vorgang nicht übermäßig kompliziert, eher raffiniert einfach. er scannt analoges dia-material ein, meist drei streifen unter- oder nebeneinander. beim scannvorgang lässt er die anfänglichen fehl-formen und farben stehen, so wie es bei einer nicht sachgemäßen benutzung des scanners passiert. das filmmaterial stammt aus aufnahmen in frankfurt und in konstanz am bodensee. architektur, geschwindigkeit, auto, mensch und urbane situationen sind im analogen ausgangsmaterial thematisiert und spielerisch digital verarbeitet. die hier gezeigte serie interform thematisiert auch, aber eben nicht nur die materialität der fotografie, beziehungsweise die visualisierung ihrer digitalen weiterverarbeitung.

die kreative potenz des unbewussten und wenn sie so wollen auch des unterbewussten wird in den computer verlagert und künstlerisch aktiviert. wenn sie sich den computer wegdenken und nur die alte kamera oder die technik des fotogramms dafür einsetzen, dann haben sie den ansatz, den man ray zum credo seines schaffensprozesses gemacht hat: die kombination realistischer elemente in einer überrealen komposition.
falk von traubenberg lichtet mit dem fotoapparat wirklichkeit ab und kreiert daraus bilder eigener gesetzlichkeit.
das so geschaffene bild vervollständigt sich zu einer fläche mit reizen eigener art. mit hilfe des computers werden fotografische mittel experimentell erkundet. es entsteht eine mehrschichtigkeit des bildes, die auf einer neuen charakterisierung der zeichen beruht. es ergibt sich eine verfremdung der gegenstandswelt, in der versatzstücke der abgebildeten wirklichkeit als fixpunkte für das auge und die gedanken vagabundieren. die bildkomposition verselbständigt sich so weit, dass alle darstellungselemente der wirklichkeit nur noch fragmentarisch auszumachen sind.

falk von traubenberg überwindet die zwänge des analogen fotoapparats und des computers. er spielt mit ihren möglichkeiten. und nur der spielende mensch ist auch ein schöpferischer. er bedient sich der analogen bildinformation, um die daten digital neu zusammenzusetzen. er setzt ein digitales kaleidoskop in gang, das er an einem bestimmten punkt anhält, damit wir es mit unserer phantasie, mit unserer bilderfahrung weiterdrehen können.
und warum das alles: einzig allein darum, um einen neuen bezug zur wirklichkeit auszuloten, ihrer phantastischen vielgestaltigkeit neue seherfahrungen abzugewinnen.

das ganze ist natürlich perfekt geprintet, auf metall aufgezogen, mit plexiglas bei den großen arbeiten und mit schutzfolie bei den kleinen arbeiten ausgestattet. diese perfektion der technischen realisierung gehört unbedingt dazu. aber es kommt letztlich auf die perfekte idee an, deren zustandekommen ich ausdrücklich falk von traubenberg bescheinigen möchte.

ich bin ja nun schon eine stattlich anzahl von jahren im kunstvermittlungsgeschäft tätig, journalistisch und als galerist. auf grund dieser erfahrung wage ich die prognose, dass dieser künstler mit seinem konsequenten konzept seinen weg machen wird – und dass wir mit dieser kleinen aber feinen ausstellung sagen können, wir waren in den anfangsjahren dabei.

falk von traubenberg erfüllt mit seiner poesie der geheimnisvollen klarheit und der suche nach seinen bildern von den phänomenen der welt, was jean cocteau von der fotokunst einfordert, wenn er sagt: „das objektiv ist ein glasauge, das nicht mehr wert ist als irgend ein anderes dummes auge, wenn es nicht kreativ transformiert, was es sieht.“ diese künstlerische transformation ist wesensmerkmal dieser bilder falk von traubenbergs.

und diese klugen augen brauchen wir schließlich alle, nicht nur um sich in solche bilder zu versenken, die wir hier in dieser ausstellung haben, sondern auch und vor allem um ein wenig dem geheimnis der welt und dem, was sie im inneren zusammenhält, auf die spur zu kommen.

© harald raab, regensburg 24. september 2005


exhibition opening photo gallery harald raab, regensburg
interform | from architecture-image to image-architecture
saturday, september 24th 2005


Ladies and gentlemen,
an evening at a gallery is also something like the collection’s presentation of what is in style. art and fashion are indeed two different fields, which superimpose and complement one another and stimulate each other.
tonight there is much to see. Take chance of this opportunity. The plurality of diversity is a trademark of art already. „art is like a sponge, it absorbs everything, all forms, all techniques and all areas of living – and working“, according to chis dercon, director of haus der kunst in a conversation I recently had with him in our work for a book project. Although the problem was, that in ratio it gives too little back to society.

Despite the big complexity expecially in the field of imaging techniques, in video in particular, but also in photography, there is an unmistakable trend, a mainstream: We go back to the representational, to telling stories of images. People again are addicted to stories and want to relax from the solely mental-sensuality of art. To make it plain: they want to relax from what wrongly is titled abstract, meaning the occupation with mere form, mere colour.
in contemporary art these undulations are not new, either. In the 60ies of last century there was the same swing of the pendulum. The reality – and that indeed is the sense of all artistic endeavors of all epochs – has to be fathomed from new perspectives and with new stylistic approaches again and again. Art is a flowing process.
in this situation we are presenting – a bit counter-cyclical to the current trend – a border crosser from the presentation of the real, mainly architecture’s images to the image’s architecture – from the outside – thus to the inside world of the images.

falk von traubenberg is skilled architect – by the way just like the great classic of photography man ray. Between the work’s approach of the two of them i would like to draw a maybe a bit daring, but nevertheless interesting i think, analogy later on. Falk von traubenberg was raised in regensburg, went to school here and graduated in 1992 from the local siemens-gymnasium. He is working as an architecture photographer in hamburg and deals artistically with analog photography, which he processes digitally. He is also working in the field of video and employs music in his creations as a design feature. With one of his video works he was chosen to participate in an exclusive circle, from which the winner of this year’s Southwest German Broadcasting Station’s and the zkm’s international media award is selected.

Digitally produced images, the wonder from the computer processing’s bag of tricks, are attempted millions of times. It all seems so easy. More than soulless design in the best case does not evolve from that, in general it is terrible kitsch. Everybody is just not an artist. It takes artistic creativity to achieve such results – on one hand clear and at the same time enigmatic image compositions. They tell a long story, but at the same time send with their certain rhythm of form and colour the fantasy on a journey of emotional sensuality.
Falk von traubenberg’s search for extending the image’s aesthetic is successful. Just because he asks the beholder more questions than he does answer.

Technically the process is not too complicated, rather ingeniously simple. He scans analog slide material, most times three strips next or beneath each other. In the scanning process he leaves the initial inaccurate forms and colours like it happens when a scanner is not employed appropriately. The photo material originates from exposures in frankfurt and in konstanz at lake constance. Architecture, speed, car, people and urban situations are the topics of the analog original material and get playfully digitally processed. The here presented series interform broaches not only but also the issue of the materiality of photography, respectively the visualization of it’s digital finishing.
The creative power of the unconscious – and if you like – the subconscious is transferred into the computer and artistically activated. If you imagine the computer gone and apply for it the camera or the technique of the photogram, you find the approach man ray made credo for his creative process: combining realistic elements in a superreal composition.

Falk von traubenberg photocopies reality with a camera and thus creates images by their own legality.
The thus created image completes itself into a plane with very special impulses. By means of the computer photographic appliances are experimentally explored. A multilayerdness of the image evolves, based on a new characterization of the symbol. An alienation of the objects’ world unfolds, in which little pieces of the shown reality roam as fixed points for the eye and the thoughts. The image’s composition gets it’s own life insofar as all presentational elements of reality are only fragmentarily discernable.

Falk von traubenberg surmounts the constraints of the analog camera and the computer. He plays with their potentials. And only the playful person is a creative person. He uses the analog image’s information in order to put them together in a new way digitally. He starts a digital kaleidoscope, which he stops at a certain point, so we can make it go on with our fantasy, our experiences with the image.

Of course all this is printed perfectly, mounted on metal, the big works fitted with acrylic glass, the smaller ones with protective film. This perfection of the technical realization is part of it all at any means. But in the end it is all about the perfect idea, i would like to certify falk von traubenberg explicitely.

For a decent amount of years i have been working in the business of art intermediation, in journalism, and in running a gallery. Based on this experience i dare predicting, that this artist will make his way due to his consequent concept – and with this small but fine exhibition, we will be able to say that we had been there right from the start.

Falk von traubenberg states his poetry of mysterious clarity and searches the world’s phenomena with his images. This way he fulfills, what jean cockteau demands from photographic art: „the lens is a glass eye, which is not worth more than any other stupid eye, if it does not transform the thing it perceives.“ This artistic transformation is the character of falk von traubenberg’s images.

And these alert eyes we all need indeed, not only to contemplate such images, we have here at the exhibition, but also mainly to track down a bit the mystery of the world and what it holds together inside.

© harald raab, regensburg, september 24th 2005.